Humuswende – wie die Landwirtschaft zum Klimaretter wird;
Vortrag von Florian Schwinn am 10. März im Jaspershof

Eingeladen zur gut besuchten Veranstaltung hatten gleich vier Organisationen, die „Schutzgemeinschaft ländlicher Raum Nord-West“, der BUND Ammerland, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Küchengarten Westerstede, der auf dem Gelände des Jaspershof gärtnert und bereits viel Erfahrung mit Humusaufbau gesammelt hat.
Wie wertvoll und wie rar der Boden ist, von dem wir leben, zeigte Florian Schwinn, Fernsemoderator, Journalist und Buchautor, gleich zu Anfang sehr anschaulich, indem er einen Apfel zerteilte. „Wenn die Erde ein Apfel wäre, bliebe abzüglich der Meere, Wüsten, Flüsse und bebauten Flächen gerade mal ein Achtel übrig, auf dem wir unsere Nahrung erzeugen können“, so Schwinn.
Täglich werden bei uns in Deutschland 60ha dieser ohnehin knapp bemessenen Ressource Boden zubetoniert, und immer sind es die besten Böden, die Autobahnen, Logistikzentren und Wohnsiedlungen zum Opfer fallen.
Was dieser Verlust tatsächlich bedeutet, beginnen wir allmählich zu realisieren, denn Zersiedelung und die agrarindustrielle Landwirtschaft gibt es immer weniger Insekten, Vögel verlieren dadurch ihre Nahrung und Lebensgrundlage, etliche stehen mittlerweile auf der Roten Liste oder sind sogar schon ausgestorben.
Aber was hat der Boden, was hat Humusaufbau damit zu tun? Schwinn nahm seine Zuhörer mit auf eine faszinierende Reise in die Unterwelt, spannender als jeder Tatort, denn was da unter unseren Füßen ungesehen und unbemerkt arbeitet, ist der größte Biotop, den es auf der Erde gibt, mit den meisten Arten, von denen wir jedoch erst einen Bruchteil kennen. In einem Kubikmeter Boden tummeln sich neben den uns bekannten Regenwürmern, Käfern und Käferlarven, Spinnen, Asseln und Springschwänze, zusätzlich noch unzählige exotisch anmutende Wesen, die alle dafür sorgen, dass organische Substanzen zersetzt werden und Humus entsteht.
Diese Fähigkeit des Bodens Kohlenstoff zu speichern, könnte uns die notwendige Atempause geben, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Denn wenn auf den weltweit landwirtschaftlich genutzten Flächen pro Jahr nur 4 Promille mehr Humus aufgebaut würde, könnte der gesamte jährliche Kohlendioxidausstoß im Boden gespeichert werden – und wir hätten fruchtbarere Böden als heute.
Durch den Einsatz schwerer Maschinen, zu viel Gülle und Pestizide zerstören wir das Bodenleben und den Humusanteil. Die Böden werden verdichtet, können bei Starkregen das Wasser nicht aufnehmen, werden weggeschwemmt oder weggeweht.
Schwinn ermutigte die Landwirte sich für eine Änderung der Agrarpolitik einzusetzen: Statt pauschaler flächengebundener Agrarsubventionen, die letzten Endes durch Pachtzahlungen, marktbedingte Abschöpfungen und zu geringe Preise gar nicht bei den Bauern ankommen, sollten sie für die Art der Bodenbearbeitung und dabei speziell für den geleisteten Humusaufbau gefördert werden. Das würde letzten Endes uns allen zu Gute kommen.
Bericht: Angelika Berns